Controlling

Beyond Budgeting: So geht modernes Controlling

Lea Friedel picture
Lea Friedel|

01.05.23

|

(Lesedauer: 6 min)

Die Illustration über Beyond Budgeting zeigt ein Blog header - Beyond-Budgeting voller Geld, der mit Geldscheinen in der Hand winkt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Traditionelles Budgetieren hat viele Schwachstellen, unter anderem Ressourcenverschwendung und starre Zielvorgaben.

  • Beyond Budgeting ist ein Konzept, das betriebliche Budgetierungsprozesse neu denkt und ein vertrauensvolles Management voraussetzt.

  • Im Mittelpunkt stehen agile Unternehmensführung und Vertrauen in die eigenen Mitarbeitenden sowie vollkommene Entscheidungsfreiheit für alle Teams.

  • Die Vorteile des Beyond Budgeting für Unternehmen liegen auf der Hand. Allerdings birgt das Konzept ebenso einige Risiken.

Kostenintensive Bürokratie, hohe Ressourcenverschwendung und geringe Flexibilität – die traditionelle Budgetierung ist für viele Unternehmer ein großes Ärgernis. Vollkommen verständlich: So sollen Manager bis zu 20 Prozent ihrer Zeit mit der Budgetplanung verbringen, Controller sogar bis zu 50 Prozent.

Beyond Budgeting soll Abhilfe schaffen: Es denkt das Controlling von Grund auf neu und verspricht enorme Chancen in digitalen Zeiten und immer schnelllebigeren Marktentwicklungen. Doch wie lässt sich das Konzept erfolgreich umsetzen und ist es wirklich für jedes Unternehmen geeignet?

Was ist Beyond Budgeting?

Frei übersetzt bedeutet der Begriff Beyond Budgeting „jenseits des Budgets". Das Konzept folgt einer radikal modernen Idee des Controllings und verzichtet auf traditionelle Budgetvorgaben in Unternehmen.

Allerdings geht das Modell weit darüber hinaus, einfach Jahresbudgets und Zielvorgaben abzuschaffen. Vielmehr handelt es sich dabei um eine völlig neue Managementphilosophie mit agiler Führung: weg vom starren Top-Down-Vorgehen, hin zu einem dezentralen und eigenverantwortlichen Management-Stil.

Ziel ist es, die Unternehmensergebnisse zu verbessern, indem einzelne Abteilungen und Teams kundennah agieren und Ziele, Pläne und Marktbedingungen eigenständig beeinflussen.

Veränderte Rahmenbedingungen für Unternehmen

Die traditionelle Budgetierung steht immer häufiger in der Kritik: Sie nimmt enorm viel Zeit des oberen Managements in Anspruch, ist kostenintensiv und führt dennoch viel zu selten zum Ziel. Darüber hinaus ist unklar, wie aussagekräftig die Zahlen aus dem Vorjahr für das aktuelle Geschäftsjahr wirklich sind.

Am Jahresende werden Ergebnisse oftmals manipuliert und Budgets unnötig ausgegeben, um Gelder für das kommende Jahr zu sichern – selten liegt dabei der Fokus auf der Unternehmensstrategie.

Zudem kollidiert die starre Budgetierung mit den Anforderungen unserer heutigen Zeit: Unternehmen sehen sich mit sich immer schneller ändernden Marktbedingungen konfrontiert und es ist deutlich mehr Flexibilität gefragt. Genau hier setzt das Beyond Budgeting an: Die Unternehmensorganisation wird dezentralisiert und Abteilungen können weitestgehend autonom über Budgets entscheiden.

Prinzipien des Beyond Budgeting

Im Mittelpunkt des Beyond Budgeting Konzepts liegen eine agile Unternehmensführung sowie das Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter:innen. Der Begriff „agil” steht im Unternehmenskontext für Flexibilität und die Fähigkeit, sich in einer sehr wettbewerbsintensiven Umgebung schnell anzupassen. Demnach werden bei einem agilen Führungsstil alle Mitarbeiter:innen ermutigt, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen.

Der Ansatz des Beyond Budgetings wurde 1989 vom „Beyond Budgeting Round Table (BBRT)“ anhand der folgenden 12 Prinzipien entworfen:

Anforderungen an die Unternehmenskultur:

  1. Gemeinsame Werte: Das Unternehmen wird mit klaren Werten sowie relativ wenig Grenzen gelenkt.

  2. Verantwortung: Alle Mitarbeitenden handeln verantwortlich und unternehmerisch.

  3. Netzwerkorganisation im Unternehmen: Die Unternehmensorganisation basiert auf eigenständigen Netzwerkstrukturen mit ergebnisverantwortlichen Teams.

  4. Transparente Informationen: Damit alle Mitarbeitenden eigenständig Entscheidungen treffen können, benötigen sie frei zugängliche und transparente Informationen.

  5. Dezentrale und lokale Entscheidung: Alle Teams erhalten mehr Handlungsfreiraum – die klassische Top-Down-Hierarchie hat ausgedient.

  6. Koordination: Die Zusammenarbeit richtet sich nach aktuellen Ereignissen am Markt, nicht nach festgelegten Planungszyklen.

Anforderungen an den Planungs- und Steuerungsprozess:

  1. Relative Zielvorgaben: Ziele werden im internen und externen Wettbewerb ausgesetzt und bleiben flexibel.

  2. Relative, teambasierte Vergütung: Prämien und Boni basieren auf Leistung einer Abteilung oder eines Teams.

  3. Flexible Kontrolle und Planung: Die Unternehmensstrategie wird fortlaufend anhand von Kennzahlen kontrolliert und bei Bedarf neu angepasst, beispielsweise wenn sich Marktgegebenheiten ändern.

  4. Früherkennung und flexible Prognosen: Projekte werden dynamisch koordiniert und orientieren sich an aktuellen Marktentwicklungen.

  5. Flexible Ressourcenverteilung: Ressourcen werden nicht gehortet und stattdessen flexibel nach Bedarf bereitgestellt – keine Geschäftseinheit hat ein festes Budget.

  6. Dezentrale Kontrolle: Das höhere Management greift nur dann ein, wenn das operative Team ein Problem nicht lösen kann oder um Mithilfe bittet.

Vor allem aber geht es darum, dass Führungsprinzipien – also das, was gesagt wird – und Managementprozesse – also das, was gemacht wird – Hand in Hand gehen.

Moderne Finanzteams nutzen CANDIS

Beyond Budgeting in der Praxis: Finanzen flexibler planen und kontrollieren

Der Ansatz des Beyond Budgeting mag vielleicht noch utopisch klingen. Allerdings lässt er sich schon mit einfachen Maßnahmen umsetzen: Ranglisten, Trends, Benchmarks und Best Practices können dabei helfen, relative Ziele entsprechend zu messen. Anstatt ein bestimmtes Umsatzziel festzulegen, kann es beispielsweise Ziel sein, im Vergleich zu Wettbewerbern besser abzuschneiden.

Zudem sollte der Fokus von allen Beteiligten auf den Kundenbedürfnissen sowie Markt- und Unternehmensentwicklungen gelenkt werden. Statt jährlichen Budgets werden diese flexibel entlang von Chancen und Marktentwicklungen vergeben. Abteilungen, Teams oder einzelne Budgetverantwortliche wiederum begründen ihr Budget fortlaufend anhand von Kennzahlen und Messwerten.

Daran angelehnt lassen sich leistungsbezogenen Vergütungsmodellen durch Gewinnbeteiligungen am Gesamtumsatz ersetzen. Dadurch liegt der Fokus auf dem „Wir” und persönliche Ziele rücken in den Hintergrund.

Vorteile und Nachteile des Beyond Budgeting

Unternehmen profitieren beim Beyond Budgeting vor allem von folgenden Vorteilen:

  • Schnellere Reaktionen auf veränderte Marktsituationen: Unternehmen können einem starken Wettbewerbsdruck trotzen und schneller als bisher auf neue Situationen reagieren.

  • Bessere Ressourcenverteilung: Budgets werden nicht mehr künstlich aufgebläht oder mit allen Mitteln versucht zu verteidigen. Zudem verringert sich die Bürokratie in Unternehmen.

  • Verbesserter Kundenservice: Dezentrale Teams sind näher an der Kundschaft, kennen die Kundenbedürfnisse besser und sind in der Lage, angemessen zu reagieren.

  • Gesteigerte Motivation: Wer gefragt wird, bringt sich meist gern mit ein. Vergrößert sich der Wirkungskreis, können Mitarbeiter:innen zudem die Auswirkung ihres eigenen Handelns besser verstehen.

  • Attraktiverer Arbeitgeber: Manager schaffen offene und herausfordernde Arbeitsumgebungen, um Mitarbeiter:innen zu gewinnen und zu halten.

Allerdings gibt es auch einige Hürden und Risiken:

  • Das Management ist oftmals nicht bereit, die Kontrolle abzugeben und Mitarbeitende trauen sich nicht, Verantwortung zu übernehmen.

  • Interne Ranglisten können den Wettbewerb innerhalb des Unternehmens enorm anfeuern: Statt kollegialem Zusammenhalt konkurrieren Teams miteinander.

  • Benchmarks und Marktindikatoren sind häufig schwer zugänglich. Allerdings verlangt das Beyond Budgeting kontinuierlich nach aktuellen Zahlen.

  • Informationen und Zahlen müssen so sorgfältig und klar aufbereitet werden, dass sie von allen Beteiligten richtig verstanden werden. Andernfalls werden sie falsch interpretiert und es werden falsche Entscheidungen getroffen.

Fazit

Zwar erschließt Beyond Budgeting enorme Potenziale, aufgrund der radikalen Umstrukturierungen von Kultur und Organisation ist das Konzept allerdings nicht für jedes Unternehmen geeignet. Denn vertraute Muster müssen über Bord geworfen und Steuerungen dezentralisiert werden. Möchtest du deinen Budgetierungsprozess dennoch effizienter gestalten, können schon kleine Optimierungen große Wirkung zeigen.

  • Datenmanagement transparent gestalten: Bei der Budgetierung dreht sich alles um Daten – egal ob vergangene Unternehmensdaten oder aktuelle Marktwerte. Stelle daher sicher, dass alle Daten vertraulich behandelt werden und alle im Unternehmen wissen, mit wem sie welche Informationen teilen dürfen.

  • Zusammenarbeit und Transparenz: Pünktlich eingereichte Daten beeinflussen die Budgetplanung enorm und bilden die Basis für Handlungsentscheidungen und letztendlich den Unternehmenserfolg. Daher sollte allen Prozessbeteiligten klar sein, wie wichtig es ist, festgelegte Fristen einzuhalten.

  • Moderne Software: Eine moderne Software automatisiert Datensammlungen und -analysen, beugt Fehler vor und verkürzt Prozesse. Mit der richtigen Software können zudem Prognosen erstellt werden.

FAQ