Viele Finanzteams stecken in einem Hamsterrad fest: Sie reagieren, verwalten und kontrollieren, aber sie kommen kaum dazu, vorausschauend zu gestalten. Der Grund liegt oft nicht in fehlender Kompetenz, sondern in der Struktur der Arbeit: Monat für Monat treiben Fristen das Team vor sich her. Kaum ist ein Monatsabschluss erledigt, beginnt der nächste. Rückstände lassen sich kaum aufholen. Das Ergebnis: Statt effizient zu steuern, rennt Finance ständig hinterher. Freigabeprozesse werden zum Nadelöhr, Kennzahlen kommen zu spät, und Fachabteilungen erleben Finanzteams oft als Blockierer.
Viele Unternehmen versuchen, dem permanenten Druck mit zusätzlichem Personal zu begegnen. Doch das scheitert oft schon am Fachkräftemangel: Qualifizierte Mitarbeitende sind schwer zu finden und noch schwerer zu halten. Gleichzeitig steigt der administrative Aufwand weiter. Jede unbesetzte Stelle reduziert die operative Schlagkraft, verschärft bestehende Engpässe und macht strukturelle Schwächen sichtbarer. Die Folge: Reibung, Frustration und hohe Prozesskosten – nicht nur im Finanzbereich, sondern im gesamten Unternehmen.
Die Ursache liegt dabei selten in einzelnen Fehlern und fast immer in der Struktur. Prozesse wurden geschaffen, um zu schützen, nicht um zu beschleunigen. Und je knapper die Ressourcen, desto größer die Kontrollbedürfnisse. Doch genau das macht Wachstum heute so schwer: Es fehlt nicht nur an Personal, sondern an einem System, das mit weniger mehr leisten kann. Die Lösung: Lean Finance.
Um die Perspektive aus der Praxis einzubinden, haben wir mit Daniel Kiriakou gesprochen.
Daniel ist Steuerberater mit über 20 Jahren Berufserfahrung und verfolgt eine klare Mission: Unternehmen und Kanzleien digitaler machen. Sein Schwerpunkt liegt auf der Digitalisierung der Finanzbuchhaltung und der Verbesserung von Reportingprozessen.
Sein Ansatz: Ganzheitlich denken, praxisnah umsetzen. Daniel analysiert bestehende Buchhaltungsprozesse gemeinsam mit den Mandanten und setzt dort an, wo es zählt – von der Belegerfassung bis zur Auswertung.
Warum Lean Finance wichtig ist
Das Ziel: Vom reaktiven Verwalter zum proaktiven Gestalter werden. Dabei geht es nicht um mehr Wachstum durch Finance, sondern um Finance, das mit Wachstum umgehen kann. Denn selbst die beste Buchhaltung der Welt schafft keine neuen Kund:innen, kein Umsatzplus, keine Skalierung. Aber sie entscheidet darüber, ob diese Entwicklungen mitgetragen oder ausgebremst werden.
Lean Finance schafft die strukturellen Voraussetzungen, um komplexere Prozesse, mehr Projekte und wachsende Teams zu steuern ohne dass Kontrolle, Übersicht oder Effizienz verloren gehen. Es ist nicht der Motor für Wachstum, sondern das System, das verhindert, dass dieser Motor blockiert. Es geht darum, den Sand aus dem Getriebe zu holen:
Wachstum ohne Personalaufbau: Durch Automatisierung und effizientere Prozesse kann Lean Finance mehr leisten, ohne ständig neue Mitarbeiter:innen einstellen zu müssen. In Zeiten des Fachkräftemangels ein entscheidender Vorteil.
Weniger Reibung im Tagesgeschäft: In vielen Unternehmen lähmen komplexe Freigabeprozesse den Alltag. Selbst kleine Anschaffungen müssen mehrere Instanzen durchlaufen und geraten ins Stocken, weil irgendwo ein Häkchen fehlt. Das kostet Zeit, blockiert Projekte und hemmt die operative Wertschöpfung. Lean Finance setzt genau hier an.
Höhere Wirksamkeit der Finanzfunktion: Anstatt sich in administrativen Routinen zu verlieren, rückt Finance wieder näher an seine Kernaufgaben. Es geht nicht um Kontrolle um der Kontrolle willen, sondern darum, Entscheidungen fundiert zu begleiten, Zahlen verlässlich aufzubereiten und Ressourcen gezielt einzusetzen. Finance liefert einen Mehrwert, indem sie beispielsweise aktiv an Planungen mitwirkt oder Analysen für wichtige Geschäftsentscheidungen bereitstellt.
Fokus auf Wertschöpfung statt Verwaltung: Erfolgreiche, wettbewerbsfähige Unternehmen investieren ihre Ressourcen in wertschöpfende Aktivitäten – nicht in überbordende Verwaltung. Lean Finance sorgt dafür, dass Ressourcen genau dort eingesetzt werden, wo sie den größten Effekt haben.
Kurz gesagt: Lean Finance verschiebt den Fokus – weg von blinder Pflichterfüllung, hin zu mehr Wirtschaftlichkeit und einem klaren Bezug zur operativen Wertschöpfung. Denn auch wenn Finance selbst kein Wertschöpfungstreiber ist, entscheidet die Qualität der Finanzprozesse darüber, wie effizient Ressourcen eingesetzt werden. Doch wie lässt sich das konkret erreichen?
Wir haben Daniel gefragt, was er persönlich unter Lean Finance versteht und warum es aus seiner Perspektive gerade jetzt so wichtig ist:
„Ich verbinde damit, mit standardisierten einfachen Prozessen zu arbeiten. So weit wie möglich zu automatisieren und digitalisieren. Der Prozess gibt die Arbeitsweise vor, anstelle von jeder macht es anders. Neben dem steigenden Finanz- und Ergebnisdruck wachsen ganz generell bürokratische Vorgaben für alle Unternehmen. Daher wird es immer wichtiger, die eigentlichen Anforderungen an die eigene Organisation schlank und effizient zu meistern, um Kapazitäten für unternehmerisches Handeln zu schaffen. Das umfangreiche Angebot an technischen Lösungen verleitet außerdem zu mehr Dezentralisierung und Komplexität. Lean Finance bedeutet, den Mut zu haben, sich auf das Wesentliche zu reduzieren und geeignete Prozesse dafür zu entwickeln und umzusetzen.”
Dafür würde er auch einige der typischen „Overhead“-Prozesse (administrative Tätigkeiten, die zwar nötig sind, aber keinen direkten Wertschöpfungsbeitrag leisten) schlanker gestalten.
„Ganz klar – manuelle Listen führen und mit Belegen hantieren. Wenn es richtig läuft, sehen wir die meisten Belege nicht und stellen uns nicht die Frage, wo diese abgelegt werden oder ähnliches. Ein besonderes Phänomen ist das andauernde Besprechen von „Was wäre wenn“ anstelle zügig in die Umsetzung zu gehen. Umfangreiche Abstimmungen mit dem Steuerberater sind ein Indiz für schwache Prozesse.”
Drei zentrale Aufgaben moderner Finanzabteilungen
Ein schlankes, zukunftsfähiges Finanzteam konzentriert sich im Wesentlichen auf drei Kernaufgaben: erstens das Prüfungsrisiko angemessen einschätzen, zweitens Verschwendung dort vermeiden, wo sie wirtschaftlich ins Gewicht fällt – sei es bei Abläufen oder bei Ausgaben – und drittens verlässliche Zahlen für Entscheidungen liefern. Diese drei Funktionen bilden den Rahmen für die Neuausrichtung.
1. Prüfungsrisiko angemessen einschätzen
Rechtssicherheit wird in Finanzabteilungen oft mit absoluter Regeltreue verwechselt. Natürlich müssen Gesetze und Vorgaben eingehalten werden – der Jahresabschluss soll einer Betriebsprüfung standhalten. Doch diese Prüfungen sind selten und konzentrieren sich auf gravierende Abweichungen, nicht auf formale Kleinstfehler. Viele Buchhalter:innen wurden nur ein- oder zweimal geprüft, oft liegt das Jahre zurück.
Trotzdem entstehen aufwendige Prozesse: aus Sorge vor hypothetischen Sanktionen werden selbst minimale Abweichungen vermieden, als wären sie prüfungsrelevant. Die Folge: ineffiziente Routinen, die Zeit kosten, aber wenig beitragen.
Ein zeitgemäßes Risikomanagement bewertet das tatsächliche Prüfungsrisiko und unterscheidet zwischen kritischen und tolerierbaren Abweichungen. Entscheidungen werden dokumentiert, interne Kontrollen gezielt gestärkt. So entsteht Rechtssicherheit durch Professionalität und Urteilsvermögen – nicht durch Angst vor Ausnahmen.
2. Verschwendung wirtschaftlich meiden
Verschwendung entsteht in Unternehmen oft schleichend – etwa durch überflüssige Ausgaben oder ineffiziente Prozesse, die kaum hinterfragt werden. Statt also Ursachen gezielt zu analysieren, reagieren viele nur reflexhaft: Auf einzelne Fehler folgen neue Prozesse, zusätzliche Freigaben, strengere Kontrollen. So entsteht schleichend ein immer dichteres Netz an Regeln – nicht als Antwort auf strukturelle Probleme, sondern auf Einzelfälle, die fälschlich verallgemeinert werden.
Die Folge ist Kontrollinflation: Prozesse werden komplexer, Entscheidungen langsamer, Mitarbeitende demotivierter. Zeit, Geld und operative Energie fließen in Absicherungsschleifen, deren Aufwand oft größer ist als der ursprüngliche Schaden. Die Illusion, man könne mit genug Regeln jede Unsicherheit ausschließen, wird teuer, denn irgendwann übersteigen die Kosten der Kontrolle die Kosten der Verschwendung.
Lean Finance folgt deswegen der Frage, welche Absicherung tatsächlich Wirkung entfaltet und welche nicht. Effizienz entsteht nicht durch möglichst viele Regeln, sondern dort, wo Kontrollmechanismen und Prozessaufwand im richtigen Verhältnis zum wirtschaftlichen Risiko stehen. Lean Finance bedeutet: Verschwendung gezielt vermeiden, aber nur da, wo sie auch ins Gewicht fällt. Regeln mit Augenmaß – nicht aus Prinzip.
2.1. Der Denkfehler im Rechnungseingang
Viele Unternehmen setzen auf die Freigabe von Eingangsrechnungen, um Kosten zu kontrollieren. Doch dieser Gedanke greift zu kurz: Wenn die Rechnung vorliegt, ist die Ausgabe längst erfolgt. Die Leistung wurde oft schon erbracht, das Geld ist gebunden, die Rechnung muss bezahlt werden. Was hier noch geprüft wird, sind formale oder sachliche Richtigkeiten. Eine echte Kostensteuerung ist an diesem Punkt nicht mehr möglich.
Die fachliche Freigabe kommt schlicht zu spät, um wirtschaftlich Einfluss zu nehmen. Wer unnötige Ausgaben verhindern will, muss früher ansetzen – bei der Entscheidung über die Bestellung. Genau hier liegt der Hebel: Wird bereits der Einkauf geprüft und genehmigt, kann die nachgelagerte Rechnung automatisiert verarbeitet werden, sofern sie zur Bestellung passt.
Für Daniel steckt der größte Hebel interne Buchhaltungsprozesse effizienter zu machen im Rechnungseingangsprozess:
„Ich gehe immer davon aus, dass das Unternehmen die Hand über Abrechnungs- und Zahlprozesse hat (Debitoren und Bank/Kasse). Der größte Hebel liegt dann in einem guten Rechnungseingangsprozess. Je nach Business kann aber auch die Aufbereitung von Zahlen im Fokus stehen. Ich unterscheide hier drei Tool-Gruppen:
– From Purchase to Pay – von der Bestellung bis zur Bezahlung. Bei den meisten Unternehmen ist das der Knackpunkt, weil Transparenz über Bestellungen und Rechnungen fehlt. Geeignete Tools sparen hier Zeit, Geld und Risiken.
– Die eigentliche Buchhaltung – finde das System, das am besten passt und Anbindungen an vorgelagerte Prozesse liefert. Für viele Mittelständler ist DATEV die erste Wahl.
– Zahlen auswerten und verstehen – DATEV reicht oft aus, für individuelle Auswertungen braucht es Tools wie Kontool oder PowerBI.
Ideal ist, wenn die Tools nahtlos Daten austauschen, sodass manuelle Zwischenschritte entfallen. Für Microsoft-Nutzer bietet die Power-Familie zudem ein Set an Tools, das buchhaltungsnahe Prozesse wie Kommunikation und Aufgabenmanagement stark vereinfacht.“
Entdecke die offizielle DATEV-Schnittstelle von Candis.
2.2. Steuerung vor dem Kauf
Kosten lassen sich nur dort beeinflussen, wo sie entstehen: im Moment der Entscheidung. Deshalb gehört die Freigabe nicht in den Rechnungseingang, sondern in den Bestellprozess. Jeder Kauf wird vorab genehmigt, alle relevanten Angaben wie Budget, Kostenstelle oder Projektzuordnung fließen direkt mit ein. So liegen bei Eintreffen der Rechnung bereits alle nötigen Informationen vor, und die Verbuchung kann automatisiert erfolgen – sofern Bestellung und Rechnung übereinstimmen.
Voraussetzung dafür ist ein Bestellprozess, der schnell und einfach durchführbar ist – ohne lange Einarbeitung, ohne Umwege. Jede zusätzliche Hürde im Freigabeprozess kostet Zeit und verzögert operative Entscheidungen. Damit das nicht passiert, braucht es schlanke Workflows, klare Zuständigkeiten und automatisierte Abgleiche.
Die eigentliche Herausforderung liegt in der Freiheit: Wie streng soll kontrolliert werden und wo ist es wirtschaftlicher, Mitarbeitenden Handlungsspielräume zu lassen? Lean Finance bedeutet nicht maximale Kontrolle, sondern gezielte Steuerung: Regeln dort, wo sie Mehrwert schaffen – und Vertrauen dort, wo die Risiken kalkulierbar sind. Manuelles Eingreifen bleibt die Ausnahme, nicht die Regel.
2.3. Echtzeit-Finanzdaten durch vorgelagerte Freigabe
Wenn Rechnungen tagelang auf Unterschriften warten, verzögert das nicht nur die Verbuchung – es verzögert Entscheidungen. Viele Unternehmen erleben genau das: Monatsabschlüsse hinken hinterher, Berichte bilden die Realität von gestern ab. In dynamischen Märkten ist das ein struktureller Nachteil.
Wird die Freigabe stattdessen in den Bestellprozess vorverlagert, lässt sich die Rechnung bei Eingang direkt verbuchen. Der Monatsabschluss kann früher erfolgen, relevante Kennzahlen stehen nahezu in Echtzeit zur Verfügung. Das entlastet nicht nur das Controlling. Auch die Finanzabteilung selbst profitiert: weniger Endspurt, bessere Planbarkeit und ein Ende der Schattenprozesse, die in vielen Unternehmen längst zur Gewohnheit geworden sind. Denn wenn Kennzahlen erst Wochen nach Monatsende zur Verfügung stehen, bleibt den Fachbereichen oft nichts anderes übrig, als eigene Wege zu finden. Sie arbeiten mit selbstgebauten Excel-Reports, nutzen ungeprüfte Datenquellen oder treffen Entscheidungen auf Basis von Schätzungen.
Auch die Geschäftsführung greift in solchen Fällen häufig auf parallele Strukturen zurück, weil die offiziellen Zahlen zu spät kommen oder unvollständig sind. Das ist nicht nur ineffizient, es schafft auch unnötige Reibungspunkte, weil unterschiedliche Teams mit unterschiedlichen Zahlen arbeiten. Lean Finance kennt einen Ausweg: Durch automatisierte Buchungen auf Basis vorab genehmigter Bestellungen liegen zentrale Kennziffern früher vor. Entscheidungen können datenbasiert getroffen werden und doppelte Arbeit wird überflüssig.
2.4. Warum das früher nicht funktionierte
Wenn sich durch vorgelagerte Freigaben so viele Vorteile ergeben, warum haben Unternehmen das nicht längst etabliert? Die Antwort liegt in drei zentralen Hürden, die erst heute überwindbar sind:
Langsame, starre Prozesse: Vorgelagerte Freigaben waren früher zwar möglich – aber nur in schwerfälligen ERP-Systemen, die in der täglichen Nutzung umständlich und fehleranfällig waren. Statt zu entlasten, haben sie das Tagesgeschäft eher behindert: Die Bedienung war kompliziert, der Aufwand hoch, der Nutzen begrenzt. Eine wirtschaftlich sinnvolle Steuerung war damit kaum realisierbar.
Entdecke Candis Rechnungsmanagement für dein ERP-System.
Mangelnde Automatisierung: Früher fehlte die technische Verbindung zwischen Bestellung und Rechnung. Eine freigegebene Bestellung hatte keinen automatischen Effekt, keine unmittelbare Konsequenz. Die zugehörige Rechnung musste erneut geprüft und manuell freigegeben werden. Dieser doppelte Freigabeaufwand kostete Zeit und sorgte für Verzögerungen.
Fehlende Systemverbindung: Nur teure ERP-Systeme boten eine durchgängige Verbindung zwischen Einkauf und Buchhaltung. In vielen Unternehmen liefen Bestellung und Rechnung getrennt, automatisierte Abstimmungen waren kaum möglich.
Heute ist das anders: Mit einer Cloud-Software wie Candis lassen sich durchgängige Prozesse vom Antrag bis zur Buchung abbilden, inklusive vorgelagerter Bestellfreigabe. Rechnungsdaten werden automatisiert erfasst, Workflows greifen nahtlos ineinander, und Freigaben passieren ohne Zeitverlust. Damit wird möglich, was früher nicht praktikabel war: eine echte Steuerung noch vor dem Kauf.
3. Zahlen für Entscheidungen liefern
Neben Rechtssicherheit und Kosteneffizienz brauchen Finanzteams eine dritte tragende Säule: verlässliche Zahlen, die rechtzeitig vorliegen. Doch genau daran scheitert es in vielen Unternehmen. Buchhaltung und Controlling arbeiten häufig nebeneinander her: Während die Buchhaltung auf korrekte Abschlüsse fokussiert ist, erstellen Geschäftsführung und Fachbereiche eigene Reports – aus Excel, aus dem Bauch oder auf Basis veralteter Daten.
Die Ursache liegt im Timing: Wenn der Monatsabschluss zu spät kommt, bleibt für echte Steuerung keine Grundlage. Laut Candis Benchmark Report 2025 haben 54,5 % der Unternehmen eine Dauerfristverlängerung beantragt – ein klares Signal dafür, dass zentrale Zahlen oft erst nach 30 oder sogar 60 Tagen verfügbar sind. Was in der Theorie eine administrative Erleichterung sein soll, führt in der Praxis zu ineffizienten Schattenprozessen und Daten, die nur noch für die Ablage taugen.
Dabei gilt: 95 % richtige Zahlen sofort sind wertvoller als 100 % richtige Zahlen nach sechs Wochen. Denn ein perfekter Bericht, der zu spät kommt, wird nicht gelesen – er wird abgeheftet.
Deshalb gilt: Geschwindigkeit vor Perfektion – ohne Abstriche bei der Grundqualität. Prozesse müssen so gestaltet sein, dass zentrale Kennzahlen rechtzeitig zur Verfügung stehen. Möglich wird das durch Automatisierung, laufende Abstimmungen und die Bereitschaft, mit belastbaren vorläufigen Zahlen zu arbeiten. So rückt Finance näher ans operative Geschehen und liefert Relevanz statt Rückblick.
Candis Report 2025
Benchmark-Report: Zahlen, Daten & Prozesse

Das sagt Daniel über die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Kanzleien:
„Seit vielen Jahren verstärkt sich der Trend, dass Kanzleien IT-Kompetenz aufbauen. Nicht selten administrieren sie Plattformen für ihre Mandanten und übernehmen damit eher eine Operator-Rolle. Kanzleien werden zu Daten- oder Prozess-Partnern und organisieren die Buchhaltung der Mandanten zunehmend, statt sie komplett selbst durchzuführen. Plattform-basierte Zusammenarbeit und Echtzeit-Datenaustausch führen dazu, dass Ergebnisse immer öfter in Arbeitsteilung entstehen. Das wirft neue Fragen hinsichtlich Qualitäts- und Risikokontrolle für Steuerberater auf. Auch hier arbeite ich an Lösungen, um technische Unterstützung zu liefern.
Finanzbuchhaltung und Jahresabschlüsse werden dann kaum noch durch den Zeitaufwand bemessen, sondern durch ihre Komplexität und die Beherrschbarkeit von Daten.“
4. Was das für Lean Finance bedeutet
Wenn Finanzteams ihren Fokus auf vorgelagerte Prozesse legen und den Rechnungseingang weitgehend automatisieren, ergeben sich gravierende Vorteile:
Skalierung ohne Personalaufbau: Viele manuelle Tätigkeiten entfallen. Und damit auch die Notwendigkeit, bei steigendem Volumen sofort neue Stellen zu schaffen. Die Finanzabteilung kann deutlich mehr Vorgänge abbilden, ohne personell nachrüsten zu müssen. Das spart nicht nur Kosten, sondern schafft auch Stabilität in der Skalierung.
Nähe zur Wertschöpfung: Die Finanzabteilung rückt näher ans operative Kerngeschäft. Sie ist nicht länger ein isolierter Verwaltungsapparat, sondern begleitet und unterstützt die Fachbereiche in Echtzeit.
Finanzdaten in Echtzeit: Wenn Zahlen frühzeitig verfügbar sind, verbessern sich Entscheidungen spürbar. Budgets werden präziser gesteuert, Investitionen besser eingeordnet, Liquidität realistisch eingeschätzt. Statt auf Schätzungen angewiesen zu sein, greifen Führungskräfte auf belastbare Daten zurück und treffen Entscheidungen auf Basis der aktuellen Lage, nicht im Nachhinein.
Vom Verwalter zum Gestalter: Indem Routinearbeiten automatisiert und Prozesse gestrafft werden, gewinnt Finance Freiräume für strategische Aufgaben. Das Team wird vom reaktiven Zahlenverwalter zu einer mitdenkenden Instanz, die Entwicklungen früher erkennt, Entscheidungen absichert und Ressourcen besser lenkt
Für viele Finanzabteilungen markiert Lean Finance einen Ausweg aus dem Hamsterrad und zugleich eine Rückkehr in den aktiven Teil des Unternehmens. Statt isoliert Zahlen zu liefern, rückt Finance wieder näher an operative Entscheidungen. Dabei geht es nicht um eine Neupositionierung, sondern um einen funktionalen Wandel: Prozesse werden schlanker, Informationen verlässlicher, Reibungspunkte geringer. Die eigene Rolle verändert sich dadurch spürbar.
Lean Finance ist damit kein Nice-to-have, sondern eine betriebliche Notwendigkeit: um schneller zu arbeiten, fundierter zu entscheiden und als Finanzteam wieder relevant zu sein, wenn es darauf ankommt. Das heißt aber auch, dass Unternehmen nur zwei Optionen haben: Entweder sie nutzen die Chance, ihre Finanzteams schlank und stark aufzustellen oder die Finanzabteilung bleibt eine teure Verwaltungsinstanz, die zunehmend an Bedeutung verliert. Wer heute die Transformation scheut, könnte morgen den Anschluss verlieren. Lean Finance hingegen bietet die Möglichkeit, im Spannungsfeld zwischen Kontrolle und Agilität die Balance zu finden und Finance wieder zu dem zu machen, was es sein kann: eine verlässliche Instanz für wirtschaftliche Klarheit und operative Anschlussfähigkeit.
Wir haben Daniels nach seinem Blick auf die Zukunft gefragt und wollten wissen, welche Trends im Finanz- und Rechnungswesen in den nächsten 3–5 Jahren entscheidend sein werden?
„KI-Assistenten für Inhouse-Buchhaltungen werden die Buchhaltung durch den Steuerberater deutlich verdrängen, der Personalbedarf wird sinken. Echtzeit-Reporting und Forecast-Lösungen werden alltäglich. Apps und Cloud ermöglichen immer mehr Buchhaltungsarbeiten direkt am Handy. Und schließlich werde ich mit meinem virtuellen Buchhalter chatten können und ad hoc jede Frage zur Buchhaltung inklusive Nachweisen beantwortet bekommen.“



